...I don't got no time to play around, what is this
Seit Samstag bin ich nun wieder in Bishkek (und nach langer Zeit auch wieder im Internet) und es liegen
lehrreiche Wochen hinter mir…
Eine der am meisten gestellten Fragen, ob man sich nun in
Indien, Kirgistan oder sonst wo aufhält, ist die, ob das Leitungswasser getrost
getrunken werden kann. Häufig lautet die Antwort „nein“. Und so habe ich auch
in den letzten knapp vier Wochen, die wir auf dem kirgisischen Land
verbrachten, darauf verzichtet. Aber nicht, weil ich mir Gedanken über die
Qualität des Wassers gemacht hätte, sondern der Grund war einfach der, dass es
keine Leitungen gab, aus denen Wasser hätte strömen können. Symbolisch steht
das für die simplen bzw. in meinen Augen ganz einfach armen Lebensverhältnisse,
mit denen sich einige Leute in meinem Forschungsdorf herumschlagen müssen. Für
meine Übersetzerin, zwei andere Forschende und mich war das „nur“ ein Ausflug
in ein Leben, das wir nur kurze Zeit führten. Andere aber verbringen ihr ganzes
Leben dort. Sind sie nun dort geboren, von der Stadt auf das Land gezogen oder
durch Bride Kidnapping dazu gezwungen worden, dort zu leben. Letzteres
widerfuhr zum Beispiel unserer Vermieterin.
Unsere Hütte |
Das Dorf Kaba hat etwa 1.200 Einwohner, 260 Haushalte sowie
500 Rinder, 2700 Schafe und Ziegen und 192 Pferde (offizielle Statistiken, die
hier immer mit Vorsicht zu genießen sind, die Zahlen sind sicher höher). Es
liegt etwa 50 Kilometer von Jalal-Abad entfernt, Busse und Taxis fahren täglich
die einzige Straße zwischen den beiden Orten entlang.
Nördlicher Blick ins Tal auf Kaba und den Fluss Kara Unkur |
Kaba liegt am Fluss Kara
Unkur, der sich durch ein Tal gesäumt mit einer großen Weidelandschaft
schlängelt. Warum erzähle ich das? Einmal, weil die Weidelandschaft mit dem
Fokus auf speziell eine Weide meine Forschung betrifft und zweimal, weil der
Fluss mehr als einmal als Dusche herhalten musste.
Was haben wir nun tatsächlich vor Ort gemacht? Wichtig fürs
Allgemeinverständnis ist der Fakt, dass so gut wie jeder Haushalt
Viehwirtschaft betreibt. Größtenteils wird das aus Subsistenzgründen, manchmal
aber eben auch aus puren Existenzgründen betrieben. Viele Haushalte haben kaum
etwas anderes. Um Vieh zu halten und zu füttern, sind die Leute auf die
Ressource der Weide angewiesen. Sie bietet vom Frühling bis zum Herbst,
teilweise auch im Winter, die Nahrungsgrundlage der Tiere und somit die Basis
für Verzehr, Verkauf und Produkte der Tiere. Nun ist es so, das vor allem in
dieser Region die Weiden in einem wahnsinnig schlechten Zustand sind. Sie sind
degradiert, kaputt und bieten wenig Futter. Gründe sind unter anderem ein zu
hoher Viehbestand auf den jeweiligen Weiden, heißes Klima mit wenig Regen und
unzureichendes Weidemanagement. Wir haben mit einigen Haushalten über die
Bedeutung der Viehhaltung für ihr Leben, den Zustand der von ihnen genutzten
Weide, Auswirkungen dessen auf ihre Existenz und mögliche Lösungsansätze
gesprochen. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann meine Masterarbeit lesen,
die in circa vier bis vierzehn Monaten fertig sein dürfte.
Um die Jungs hier gehts |
Festzuhalten ist, dass alle Befragten unfassbar (gast)
-freundlich waren. Für den gemeinen Kirgisen ist Besuch, und sei er noch so
spontan, immer ein Grund zu Speis und Trank zu laden. Dazu setzt man sich
gemütlich ins Haus, in den Garten oder auf die Terrasse, trinkt Tee und isst
kirgisisches Brot/verschiedene frische Milchprodukte/selbstgemachte
Himbeermarmelade/Obst. Wenn man für das Interview zur „richtigen“ Zeit kommt,
gibt es gar Mittag oder Abendessen, was häufig aus Plov (Reis mit Fleisch und
Karotten) oder ähnlichem besteht. Da wird dann auch gern mal das gestern frisch
geschlachtete Schaf serviert. Verhungert jedenfalls sind wir dort nicht.
Die Interviews waren wirklich super und obwohl es in Kaba einige Lows gab (abgesagte Interviewtermine, Langeweileperioden, Solitärrekorde) war die Zeit insgesamt zufriedenstellend und sehr lehrreich. Für zwei Tage haben wir das Dorf auch verlassen und uns Wasserfälle und Natur im besagten Arslanbob angeschaut.
In Arslanbob mit Übersetzerin und local friend |
Was gibt es in Kaba? einen super Sternenhimmel, Tiere
auf der Weide (speziell Schafe) und auf dem Teller (auch Schafe), zur
Forschungszeit: Ramadan, chinesische Arbeiterbaracken inklusive chinesischer
Arbeiter, wie auch in Bishkek 1,5 und 2 Liter Bierflaschen, Mücken, Hitze (35-40 Grad)
Was gibt es dort nicht? Leitungswasser, Unterhaltungsmöglichkeiten,
Internet, immer gute Handyverbindung, Regen, Kälte, trotz des Namens kein Schoko- oder
Bananenpulver (ok, zu einfach)
Und, wie geht es nun eigentlich weiter, he?
Tja, in etwa 2,5 Wochen bin ich wieder in Berlin. Oder wie es ein befragter Kirgise sagen würde: welche ist aktuell die Hauptstadt von Ostdeutschland? Am 10. September nachmittags werde ich landen ;)
Und was passiert danach? Naja, wie gesagt, die Masterarbeit wird in etwa sechs bis neunzehn Monaten fertig sein und alles andere: kommt.
Wer Fragen hat, kann mich bei Facebook, Twitter, Flickr, Instagram, Knuddels, Jap**, Lokalisten und vielen mehr gerne fragen :)
Zum Abschluss noch ein Bilder durcheinander. Bis denne!
Blick nach Osten in Kaba I |
Blick nach Osten in Kaba II |
Aussicht auf Arslanbob |
Ich mag dieses Land |
Die Herren sind am Bau von Stromleitungen beteiligt |