Donnerstag, 22. August 2013

Let's get back to Bishkek...



...I don't got no time to play around, what is this

Seit Samstag bin ich nun wieder in Bishkek (und nach langer Zeit auch wieder im Internet) und es liegen lehrreiche Wochen hinter mir…

Eine der am meisten gestellten Fragen, ob man sich nun in Indien, Kirgistan oder sonst wo aufhält, ist die, ob das Leitungswasser getrost getrunken werden kann. Häufig lautet die Antwort „nein“. Und so habe ich auch in den letzten knapp vier Wochen, die wir auf dem kirgisischen Land verbrachten, darauf verzichtet. Aber nicht, weil ich mir Gedanken über die Qualität des Wassers gemacht hätte, sondern der Grund war einfach der, dass es keine Leitungen gab, aus denen Wasser hätte strömen können. Symbolisch steht das für die simplen bzw. in meinen Augen ganz einfach armen Lebensverhältnisse, mit denen sich einige Leute in meinem Forschungsdorf herumschlagen müssen. Für meine Übersetzerin, zwei andere Forschende und mich war das „nur“ ein Ausflug in ein Leben, das wir nur kurze Zeit führten. Andere aber verbringen ihr ganzes Leben dort. Sind sie nun dort geboren, von der Stadt auf das Land gezogen oder durch Bride Kidnapping dazu gezwungen worden, dort zu leben. Letzteres widerfuhr zum Beispiel unserer Vermieterin.

Unsere Hütte
Das Dorf Kaba hat etwa 1.200 Einwohner, 260 Haushalte sowie 500 Rinder, 2700 Schafe und Ziegen und 192 Pferde (offizielle Statistiken, die hier immer mit Vorsicht zu genießen sind, die Zahlen sind sicher höher). Es liegt etwa 50 Kilometer von Jalal-Abad entfernt, Busse und Taxis fahren täglich die einzige Straße zwischen den beiden Orten entlang. 
Nördlicher Blick ins Tal auf Kaba und den Fluss Kara Unkur
Kaba liegt am Fluss Kara Unkur, der sich durch ein Tal gesäumt mit einer großen Weidelandschaft schlängelt. Warum erzähle ich das? Einmal, weil die Weidelandschaft mit dem Fokus auf speziell eine Weide meine Forschung betrifft und zweimal, weil der Fluss mehr als einmal als Dusche herhalten musste. 

In den ersten Tagen konnten wir zum Körper- und Wäschewaschen noch Wasser aus der Regenzisterne nehmen, das wir mehr oder weniger filtrierten. Doch Regen ist in dieser Region Mangelware und so war der Vorrat schnell verbraucht. Ab da hieß es, zu einer Gebirgsbachquelle zu laufen und mit Eimer und Wasserflaschen mühsam das jedoch sehr reine Wasser abzuschöpfen. Strom gab es, aber die Wassersituation hat mir doch zu denken gegeben… Es hat mir mal wieder gezeigt, dass Armut wenig mit der Einkommenssituation, also dem Pro-Kopf Einkommen zu tun hat, sondern viel mehr mit Zugang zu Wasser, sanitären Anlagen (eine andere Geschichte ;) oder auch Nahrungsmitteln.

Was haben wir nun tatsächlich vor Ort gemacht? Wichtig fürs Allgemeinverständnis ist der Fakt, dass so gut wie jeder Haushalt Viehwirtschaft betreibt. Größtenteils wird das aus Subsistenzgründen, manchmal aber eben auch aus puren Existenzgründen betrieben. Viele Haushalte haben kaum etwas anderes. Um Vieh zu halten und zu füttern, sind die Leute auf die Ressource der Weide angewiesen. Sie bietet vom Frühling bis zum Herbst, teilweise auch im Winter, die Nahrungsgrundlage der Tiere und somit die Basis für Verzehr, Verkauf und Produkte der Tiere. Nun ist es so, das vor allem in dieser Region die Weiden in einem wahnsinnig schlechten Zustand sind. Sie sind degradiert, kaputt und bieten wenig Futter. Gründe sind unter anderem ein zu hoher Viehbestand auf den jeweiligen Weiden, heißes Klima mit wenig Regen und unzureichendes Weidemanagement. Wir haben mit einigen Haushalten über die Bedeutung der Viehhaltung für ihr Leben, den Zustand der von ihnen genutzten Weide, Auswirkungen dessen auf ihre Existenz und mögliche Lösungsansätze gesprochen. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann meine Masterarbeit lesen, die in circa vier bis vierzehn Monaten fertig sein dürfte.

Um die Jungs hier gehts
Festzuhalten ist, dass alle Befragten unfassbar (gast) -freundlich waren. Für den gemeinen Kirgisen ist Besuch, und sei er noch so spontan, immer ein Grund zu Speis und Trank zu laden. Dazu setzt man sich gemütlich ins Haus, in den Garten oder auf die Terrasse, trinkt Tee und isst kirgisisches Brot/verschiedene frische Milchprodukte/selbstgemachte Himbeermarmelade/Obst. Wenn man für das Interview zur „richtigen“ Zeit kommt, gibt es gar Mittag oder Abendessen, was häufig aus Plov (Reis mit Fleisch und Karotten) oder ähnlichem besteht. Da wird dann auch gern mal das gestern frisch geschlachtete Schaf serviert. Verhungert jedenfalls sind wir dort nicht.

Die Interviews waren wirklich super und obwohl es in Kaba einige Lows gab (abgesagte Interviewtermine, Langeweileperioden, Solitärrekorde) war die Zeit insgesamt zufriedenstellend und sehr lehrreich. Für zwei Tage haben wir das Dorf auch verlassen und uns Wasserfälle und Natur im besagten Arslanbob angeschaut.



In Arslanbob mit Übersetzerin und local friend
















Was gibt es in Kaba? einen super Sternenhimmel, Tiere auf der Weide (speziell Schafe) und auf dem Teller (auch Schafe), zur Forschungszeit: Ramadan, chinesische Arbeiterbaracken inklusive chinesischer Arbeiter, wie auch in Bishkek 1,5 und 2 Liter Bierflaschen, Mücken, Hitze (35-40 Grad)

Was gibt es dort nicht? Leitungswasser, Unterhaltungsmöglichkeiten, Internet, immer gute Handyverbindung, Regen, Kälte, trotz des Namens kein Schoko- oder Bananenpulver (ok, zu einfach)


Und, wie geht es nun eigentlich weiter, he? 

Tja, in etwa 2,5 Wochen bin ich wieder in Berlin. Oder wie es ein befragter Kirgise sagen würde: welche ist aktuell die Hauptstadt von Ostdeutschland? Am 10. September nachmittags werde ich landen ;) 
Und was passiert danach? Naja, wie gesagt, die Masterarbeit wird in etwa sechs bis neunzehn Monaten fertig sein und alles andere: kommt.



Wer Fragen hat, kann mich bei Facebook, Twitter, Flickr, Instagram, Knuddels, Jap**, Lokalisten und vielen mehr gerne fragen :)
Zum Abschluss noch ein Bilder durcheinander. Bis denne!

Blick nach Osten in Kaba I

Blick nach Osten in Kaba II
Aussicht auf Arslanbob

Ich mag dieses Land




Die Herren sind am Bau von Stromleitungen beteiligt